Vorüber sind jene Zeiten, in denen Komponenten verschiedenster Hersteller wild miteinander kombiniert werden konnten. Vorbauten von Zipp, KTM, Ritchey und Easton fanden anno dazumal problemlos ihren Weg auf mein altes Rennrad. Heutzutage? Undenkbar. Proprietäre Anbauteile beherrschen mittlerweile große Teile des Radmarktes und bereiten nicht nur mir in gewissen Situationen Kopfzerbrechen. Egal ob Cockpits, Lenker oder Vorbauten; Sattelstützen sowie -klemmen; selbst Beleuchtungsmittel und Schutzbleche – Kompatibles findet sich manchmal nur noch auf einer einzigen Homepage: nämlich auf jener meines Fahrradherstellers. Gepaart mit Liefer- oder Produktionsengpässen bleibt damit nur noch die eigene Kreativität wenn es darum geht, sein Bike zu individualisieren.

Problematik: Im Zuge meines Fahrradkaufs wurde schnell deutlich, dass gewisse Adaptionen am Rad nötig waren. An längere Ausfahrten war kaum zu denken, fand ich mich doch regelmäßig nach 50-60km ausgelaugt wieder. Blöderweise waren nie die Beine das Problem – vielmehr bereiteten Schmerzen in Nacken und Schulter entsprechenden Kummer. Vorbau und Lenker mussten also weichen, wobei für den Lenker schnell vernünftiger Ersatz gefunden wurde. Anders sah es beim Vorbau aus: Hier machte mir Scott mit ihrer individuellen Lösung leider einen Strich durch die Rechnung.

Unübliche Abmessungen sowie eine semi-integrierte Kabelführung machen den verbauten Vorbau zu einem recht speziellen Produkt – das es in dieser Form nur bei Scott/Syncros zu finden gibt. Das alleine wäre jedoch kein Problem, wenn bloß eine zugehörige Bestellmöglichkeit bestünde. Lieferzeiten von teilweise über einem Jahr verhindern allerdings einen zeitnahen Austausch der hauseigenen Anbauteile und machen kreative Lösungen notwendig. Angst vor tausenden Kilometern in überstreckter Sitzposition sowie keinerlei Möglichkeiten, Rennrad-Vorbauten mit Gabelschaftdurchmesser von 1 1/4 Zoll zu finden, haben mich schlussendlich zu dem hier gezeigten Produkt geführt – zum Redshift Shockstop.

Redshift Shockstop: Trotz der ausgesprochenen Alternativlosigkeit zu diesem Produkt (zumindest für das Scott Speedster Gravel), war ich anfänglich überaus skeptisch und ließ dem Kauf eine lange Recherche vorangehen. Grund dafür: bei diesem Vorbau handelt es sich um einen Elastormer-gedämpften Vorbau, der Vibrationen und harte Stöße gegen das Vorderrad erfolgreich unterbinden soll. Versuche dieser Art gab es in den vergangenen Jahrzehnten zur Genüge – alle mit bescheidenem Erfolg. Ein Mindestmaß an Skepsis war damit also angebracht.
Glücklicherweise erfreute sich dieser neue Ansatz jedoch großer Beliebtheit und nach mehrwöchiger Verwendung kann ich auch nachvollziehen, weshalb. Der Vorbau lässt sich einfach installieren, und wird je nach Körpergewicht des Fahrers bzw. der Fahrerin mit den zugehörigen Elastomeren „beladen“. Eine Empfehlung zur richtigen Kombination der verschiedenen Elastomere wird vonseiten des Herstellers beigelegt, wobei ich mich für eine etwas weichere Variante entschieden habe.
Hat man die richtige Kombination für sich erstmal gefunden, zeigt sich der Vorbau ausgesprochen dämpfungsfreudig, bleibt dabei aber stets verwindungssteif. Sprinteinheiten im Wiegetritt gestalten sich daher initial etwas gewöhnungsbedürftig (der Lenker kippt ja ganz leicht nach vorne weg), fühlen sich aber niemals unsicher oder ineffizient an. Intendierter Einsatzort dieses Vorbaus ist aber vermutlich sowieso nicht der Bereich zwischen flamme rouge und Zielbogen. Vielmehr zeigt der nächstgelegene Singletrail, welches Potenzial im Vorbau schlummert.

Mit seinem Federweg von bis zu 20mm ermöglicht der Vorbau auch größeren Unebenheiten, sich dem Vorderrad rumpelfrei in den Weg zu stellen. Verwurzelte oder leicht verblockte Trails waren früher stets ein physischer Kraftakt auf dem Gravelbike. Dank des neuen Vorbaus gelingen mir nun wesentlich kraftschonendere und v.a. sicherere Durchfahrten. Die Gefahr, bei extremen Stößen den Kontakt zu den Bremsgriffen zu verlieren, reduziert sich gegen Null.
Das Mehr an Sicherheit kann zeitgleich aber auch nur ein Produkt meiner Einbildung sein. Abfahrten auf Forststraßen mit über 60km/h wirken durch die gedämpfte Fahrweise nun zwar sicherer, würden möglicherweise aber ohne Dämpfung nie in diesem Tempo stattfinden. Eines steht ungeachtet dieser Aspekte fest: viele Abfahrten wurden durch den neuen Vorbau wesentlich lustiger und unterhaltsamer – und darum geht es ja.
Zusammenfassend bin ich mit dem Vorbau extrem zufrieden und empfehle ihn auch ungeniert im Freundeskreis weiter. Liefer- und Produktionsengpässe können daher (retrospektiv betrachtet) auch ihre positiven Seiten haben – vorausgesetzt, man liebt das Basteln.

Montage: Vorgesehen ist das aktuelle Cockpit von Scott/Syncros nämlich nicht für diese Art von Vorbau und deshalb möchte ich an dieser Stelle auch nochmals kurz auf die Montage zu sprechen kommen. Ausschlaggebend hierfür war ein Kommentar anlässlich meines Beitrages zu allen Upgrades, die ich an meinem Gravelbike durchgeführt habe. Dem Umfang geschuldet, wollte ich damals auf die exakte Integration des Vorbaus nicht näher eingehen – was ich hiermit nachzuholen erhoffe.
Die Montage gestaltet sich insofern interessant, weil beim Scott Speedster Gravel alle Leitungen und Kabelzüge (am Vorbau entlang) ins Steuerrohr eingeführt werden. Das sorgt zwar für eine cleane Optik, zeitgleich aber auch für etwas Stirnrunzeln, wenn man versucht, den Vorbau eines Drittanbieters zu montieren. Folgende Lösung kam mir deshalb in den Sinn…

Spacer: Zuerst musste Raum für den Federweg des Vorbaus geschaffen werden. Dies geschieht, indem man dem Gelenk eine freie Rotation ermöglicht – ohne die Kabelzüge dabei ständig abzuknicken. Aus diesem Grund entschied ich mich für einen Tausch der Spacer und fügte oberhalb der Kabeleinführung einen 1cm breiten Spacer ein. Dieser kann aus den darunterliegenden Spacern einfach entnommen werden und oben wieder eingesetzt werden. Es werden daher keine zusätzlichen Spacer benötigt.
Dabei fällt auf, dass die Kabel nicht ungehindert ins Steuerrohr einlaufen können. Der obere Spacer wurde deshalb sowohl unten (für die Kabel) als auch oben (für den nach unten kippenden Vorbau) eingeschnitten bzw. abgeschleift.
Wichtig dabei: Nur ein 1cm breiter Spacer bietet genügend Material, um ihn sowohl oben als auch unten ausschneiden zu können, ohne den Spacer dabei komplett (!) zu durchtrennen.

Ist dieser Teil erstmal geschafft, liegt das Komplizierteste hinter uns und es bleiben nur noch die optischen Feinarbeiten zu erledigen. Dazu zählt das Abfeilen der scharfen Kanten bei der Kabeleinführung. Sie sind nicht nur optisch unschön, sondern auch minimal gefährlich aufgrund ihrer freistehenden Art. Generell muss vielleicht angemerkt werden, dass der Vorbau nie 100%-ig formschön mit dem Spacerturm kombinierbar sein wird.

Geringfügige optische Unschönheiten müssen also zwangsläufig in Kauf genommen werden. Diese lassen sich v.a. von oben erblicken. Einerseits ist der Vorbau minimal schmäler als sein Pendant von Scott/Syncros, weshalb der Spacer mit der Kabelführung links und rechts um ca. 1mm auskragt. Andererseits fällt bei genauem Hinsehen auf, dass der oben auffliegende Spacer nicht für seine Position „vorgesehen“ ist, indem er Ausschnitte (für die Kabelführung) und Fugen (zum Entnehmen des Spacers) aufweist.
Glücklicherweise stechen diese optischen Ungereimtheiten nur mäßig ins Auge und fallen vielen Betrachter:innen gar nicht auf. Lediglich Detailverliebte werden beim Anblick des Dargebotenen möglicherweise unrund und können es als blasphemisch oder gar anstössig empfinden. Urteile derer sollten aber sowieso mit Vorsicht genossen werden und die Freude über entspannte Ausfahrten keinesfalls trüben.

Mein Fazit zum Redshift Shockstop:
Wie bereits erwähnt, bin ich ein dezidierter Fan dieses Vorbaus. Klar ist er schwer (mind. 250g), teuer (mind. 160€) und zeitweise wird ihm auch eine gewisse Hässlichkeit attestiert. All das tut aber nichts zur Sache, wenn es darum geht, meine Ausfahrten komfortabler zu gestalten – und das tut er ungemein. Egal ob wilde Trails oder holprige Abfahrten, die Dämpfung nimmt dem Untergrund alles Extreme und verleiht daher ein spürbares Plus an Sicherheit und Entspannung.
Uneingeschränkt lässt sich der Vorbau vermutlich dennoch nicht empfehlen, denn dezidierte Rennradfahrer:innen benötigen dieses Mehr an Komfort zumeist nicht. Glatter Asphalt aber auch leichter Schotter liefern selten ausreichend gute Gründe, um das Mehr an Gewicht wieder wett zu machen. Der Hang zum Holprigen sollte daher schon eher auf der Tagesordnung zu finden sein. Erst dann lässt sich das Potenzial des Vorbaus voll ausschöpfen.
Letztlich können aber auch weit banalere Gründe ausreichen, um diesen Vorbau zu erwerben. Beispielhaft hierfür kann die schiere Alternativlosigkeit am Markt genannt werden, wenn es um Rennradvorbauten mit 1 1/4 Zoll Gabelschaftdurchmesser geht. Wohlwollender betrachtet, könnte man aber auch sagen, dass mir dieser Vorbau tausende Kilometer in überstreckter Sitzposition erspart – zu denen mich die fehlende Verfügbarkeit von proprietären Anbauteilen beinahe gezwungen hätte.
Daher soll dieser Beitrag mit einem Dank an alle Drittanbieter enden, die unermüdlich fleißig Innovationen für einen Markt produzieren, der sie eigentlich gar kein Teil davon sein lassen möchte. Danke.
Autor: Lukas